Kommt jetzt die Anordnung zur Einrichtung vom Kreis?: Fahrradstraße in Timmendorfer Strand erneut abgelehnt

Fahrradstraße wieder abgelehnt
Über 250 Teilnehmer haben im Mai 2021 an der ersten Fahrrad-Demo in Niendorf und Timmendorfer Strand teilgenommen. (Foto: René Kleinschmidt)

Timmendorfer Strand. In der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung von Timmendorfer Strand stand am Dienstagabend, dem 8. März, erneut die Einrichtung der Fahrradstraße von Niendorf/Ostsee bis zur Ortsgrenze Timmendorfer Strand-Scharbeutz („Fuß- und Radverkehrskonzept der Gemeinde Timmendorfer Strand, Ergebnisse der Klausurtagung und Umsetzungsempfehlungen”) zur Debatte. Ein Beschluss des Verkehrs­ausschusses im vergangenen Jahr wurde bereits einmal von der Gemeindevertretung mit den Stimmen von CDU und WUB abgelehnt.

Nach einer von CDU und WUB geforderten, mehrtägigen, digitalen Klausurtagung, die Ende Januar stattfand, hat der Verkehrsausschuss kürzlich wieder mehrheitlich dem Fahrradstraßen-Konzept zugestimmt („der reporter” berichtete ausführlich).

Jetzt sollten die Gemeindevertreter dem Konzept zur Einrichtung der Fahrradstraßen, das den Kommunalpolitikern als Beschlussvorlage von der Verwaltung zur Abstimmung vorgelegt wurde, zustimmen.

In der Sitzung kam es dann aber anders, denn das Fahrradstraßen-Konzept ist erneut in der Gemeindevertretung gescheitert, bereits investierte Steuergelder in den Sand gesetzt und ein sicheres Radfahren somit politisch boykottiert wurden. „Die derzeitige Verkehrssituation kann nicht so bleiben, wie sie momentan ist,“ das erklärte Michael Bornhöft, der Leiter der Straßenverkehrsbehörde des Kreises Ostholstein, der als Experte an der Sitzung vor Ort teilnahm. „Fahrradstraßen in den beiden Orten sind als verkehrsrechtliches Instrument sinnhaft und zweckmäßig und ich sehe auch kein Problem darin, diese anzuordnen,“ berichtete Bornhöft der Presse noch am Abend der Sitzung.

Damit kann die Gemeinde Timmendorfer Strand wahrscheinlich wieder eine verkehrsrechtliche Anordnung vom Kreis als übergeordnete Behörde bekommen, denn bereits im Frühjahr 2021 hat der Kreis Ostholstein die Promenaden für den Radverkehr sperren lassen. Seitdem sind natürlich vermehrt Fahrradfahrer auf der Strandstraße und der Strandallee unterwegs. Der verstärkte Radverkehr und die zusätzlichen Baustellen im Ort sowie der Lieferverkehr war auch für viele Eltern, die um ihre radelnden Schulkinder Angst haben, Anlass genug, den Ruf nach einer sicheren Lösung lauter werden zu lassen. Mehrere Fahrrad-Demos machten auf „mehr Platz fürs Rad” aufmerksam.

Laut Unfallstatistik ereigneten sich in der Gemeinde Timmendorfer Strand im vergangenen Jahr insgesamt 16 Unfälle mit Fahrrädern oder Pedelecs, davon 14 auf der Strandallee und in der Strandstraße, vier Mal waren Kraftfahrzeuge beteiligt.

Die Vertreter von BBNP, SPD, Grünen und FDP plädieren wie auch die Gemeindeverwaltung unbedingt für die Umsetzung des Konzeptes - „zumindest als Übergangslösung für diese Saison”. Langfristig wird parallel immer noch über die Umsetzung eines Dünenweges entlang der Promenade als Alternative nachgedacht, um dadurch die Promenade zu verbreitern. „Wir müssen aber jetzt eine schnelle Lösung finden,“ appellierte Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke, vor allem an die Mitglieder von CDU und WUB, die gemeinsam einen Änderungsantrag in die Sitzung einbrachten, der zuvor im Verkehrs­ausschuss scheiterte. Verkehrsausschuss-Vorsitzender Jan Karthäuser (Grüne) bat als Gemeindevertreter ebenfalls darum, dem „behördlich abgestimmten, bis ins Detail geprüften und von Experten empfohlenen Konzept“ jetzt zuzustimmen.

CDU- und WUB-Gemeindevertreter blieben davon wenig beeindruckt und drängten auf Abstimmung ihres gemeinsamen Antrages, der unter anderem folgende Punkte enthält: „Zur Sicherung aller Verkehrsteilnehmer wird grundsätzlich Tempo 30 für alle Verkehre in der Strandstraße/Strandallee eingeführt (vorhandene Spielstraßen und Tempo 20-Zonen bleiben bestehen). Der Niendorfer Balkon wird verkehrsberuhigt. Vom Zentrum Timmendorfer Strand aus wird der Fahrradverkehr als Einbahnstraße in Richtung Niendorf/Ostsee über die Herrenbruchstraße, Poststraße, Kastanienallee und Rodenbergstraße geführt. Die Promenaden werden in eine Fußgängerzone mit dem Zusatz ,Fahrradfahren erlaubt’ umgewidmet, so dass diese von Fahrrädern genutzt werden dürfen. Die Promenade wird durch Steglösungen verbreitert. Bis Oktober 2022 sind dazu eine kurzfristige Planung und Kostenaufstellung vorzulegen. Entlang der B 76 wird ein Radschnellweg eingerichtet.”

Allerdings sind mehrere der von CDU und WUB vorgebrachten Vorschläge verkehrsrechtlich gar nicht zulässig und umsetzbar, wie Michael Bornhöft vom Kreis Ostholstein vor der Abstimmung erläuterte. Der Gesetzgeber hat die Kommunen zum Beispiel verpflichtet, Einbahnstraßen in beide Richtungen für Radler freizugeben, wenn dort Tempo 30 gilt und die Straße mindestens 3,50 Meter breit ist. Außerdem ist ein Fahrradstreifen zur Abtrennung in Einbahnstraßen, wie er jetzt noch in der Poststraße zu finden ist, rechtswidrig. „Und die Promenaden werden für den Radverkehr auch bei einer Umwidmung nicht wieder freigegeben – es sei denn, die Verkehre werden dort baulich getrennt. Bei der Menge an Spaziergängern können wir dort derzeit keinen Radverkehr zulassen“, betonte Bornhöft, der von Bürgervorsteherin Anja Evers (CDU) nur eine begrenzte Redezeit erhielt.

Obwohl den Gemeindevertretern bewusst war, dass sie etwas beschließen könnten, was nicht zulässig bzw. umsetzbar ist, stimmten die 14 Vertreter von CDU und WUB für ihren eigenen Antrag. Mit einer Stimme Mehrheit gegenüber den 13 Nein-Stimmen von BBNP, SPD, Grüne und FDP wurde der eingereichte Antrag beschlossen.

Da Gemeindevertreter Nils Hopp (BBNP) im Urlaub ist, habe man im Vorfelde versucht, die Sitzung als Hybrid-Sitzung (also auch online) stattfinden zu lassen, damit er mit abstimmen kann, berichtete BBNP-Fraktionsvorsitzender Michael Strümpell. Das wurde aber von der Bürgervorsteherin abgelehnt – was Evers während der Gemeindevertretersitzung bestritt. Somit fehlte den Befürwortern der Fahrradstraße eine Stimme in der außerordentlichen und extra anberaumten Sondersitzung. Auch Stefanie Vorkamp von den Grünen kritisierte diese Art von Demokratieverständnis öffentlich. Im Vorfelde haben die Fraktionsvorsitzenden von WUB, SPD, Die Grünen, FDP und der BBNP die Variante einer Hybrid-Sitzung begrüßt, damit alle 28 Gemeindevertreter daran teilnehmen können, wie Michael Strümpell dem „reporter” berichtete.

Nach der Abstimmung sagte Jörn Eckert (SPD): „Ich schäme mich als Gemeindevertreter, dass wir wieder keine zielführende Lösung beschließen konnten.” Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke (FDP) fand vor der Abstimmung auch deutliche Worte: „Vieles aus dem Antrag der CDU und WUB ist gar nicht umsetzbar, auch rein rechtlich nicht. Solch einen Antrag als Verzögerungstaktik einzureichen, finde ich nicht zielführend. Natürlich kann man dagegen sein, aber deswegen jetzt alles so zu blockieren, finde ich nicht gut.”

Ob die zirka 5,5 Kilometer lange Fahrradstraße zwischen dem Niendorfer Meerwasser-Hallenbad und der Ostsee-Therme Scharbeutz jetzt per verkehrsrechtlicher Anordnung durch den Kreis Ostholstein eingerichtet werden muss, bleibt abzuwarten.

 

Statement der Grünen zur Ablehnung der Fahrradstraße:

Verpatzte Chance

Timmendorfer Strand. „CDU und WUB zeigen sich beim Radverkehr weiterhin beratungsresistent und blockieren den notwendigen Sicherheitsgewinn, den eine Fahrradstraße bietet,“ resümiert Jan Karthäuser, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Timmendorfer GRÜNEN, die Beratungen zur Fahrradstraße in der letzten Gemeindevertretung.

„In der Klausurtagung wurde von allen Experten die Fahrradstraße als geeignete, rechtskonforme und sichere Maßnahme zur Verbesserung für die Radfahrenden dringend empfohlen. Außerdem profitiert, neben Einheimischen und Gästen, auch der Einzelhandel in fahrradfreundlichen Gemeinden.

Die Verwaltungsvorlage zur Umsetzung der Fahrradstraße wurde über mehrere Jahre unter breiter Behörden-, Experten- und Bürgerbeteiligung und in zahlreichen Ausschusssitzungen erarbeitet. Bis heute sind insgesamt rund 150.000 Euro an Planungs- und Beratungskosten aufgelaufen.

Der von CDU und WUB eingebrachte und beschlossene Antrag offenbart aus Sicht der GRÜNEN worum es beiden Fraktionen wirklich geht: Für den Autoverkehr darf sich nichts verändern! Anders lässt sich kaum erklären, warum stur Maßnahmen beschlossen wurden, die rechtlich nicht umsetzbar sind,“ heißt es in der Pressemitteilung der Grünen.

„Hatte die CDU im letzten Jahr noch den deutschen Fahrradpreis in den Blick genommen, darf die Gemeinde nun eine Nominierung zum Goldenen Pannenflicken und, angesichts der bislang aufgelaufen Kosten, einen Eintrag im Schwarzbuch der Steuerzahler fürchten,“ ärgert sich Jan Karthäuser.

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